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Bidens Demokraten nach Wahlniederlage in Virginia unter Druck

Nach der Wahlniederlage im US-Bundesstaat Virginia geraten US-Präsident Joe Biden und seine Demokraten unter Druck - und müssen neue Strategien mit Blick auf die Kongresswahlen im kommenden Jahr finden.

Agentur
sda
04.11.21 - 05:53 Uhr
Politik
Joe Biden, Präsident der USA, spricht bei einer Podiumsveranstaltung in Glasgow. Foto: Evan Vucci/AP/dpa
Joe Biden, Präsident der USA, spricht bei einer Podiumsveranstaltung in Glasgow. Foto: Evan Vucci/AP/dpa
Keystone/AP/Evan Vucci

«Was ich weiss, ist, dass die Menschen wollen, dass wir Dinge zustande bekommen», sagte Biden am Mittwoch in Washington. «Die Menschen sind über viele Dinge verärgert und verunsichert.» Bidens eigene Partei blockiert seit Monaten in Flügelkämpfen dessen riesige Investitionspakete. Die Wahl in Virginia galt als wichtiger Stimmungstest über Bidens Politik - aber auch als erste Probe im Umgang mit Ex-Präsident Donald Trump.

Der von Trump unterstützte Republikaner Glenn Youngkin gewann am Dienstag bei der Gouverneurswahl in Virginia. Er schlug den Demokraten Terry McAuliffe, für den Biden sich stark gemacht hatte. Biden hatte im Wahlkampf immer wieder versucht, Youngkin in die Nähe Trumps zu rücken - dieser hingegen wahrte öffentlich auffällig Distanz zu Trump. Der Geschäftsmann Youngkin setzte vielmehr auf gemässigte Wechselwähler in ländlichen Gebieten. Die Niederlage in Virginia gilt als grosse Schlappe für Biden. Zumindest im Bundesstaat New Jersey, in dem ebenfalls ein neuer Gouverneur gewählt wurde, gewann Prognosen zufolge nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen der Kandidat der Demokraten.

Biden antwortete ausweichend auf die mehrfach gestellte Frage, ob er für das schlechte Wahlergebnis verantwortlich sei. Er gestand allerdings ein, dass seine Investitionspläne vor dem Wahltag vom Kongress hätten abgesegnet werden müssen. Die Menschen im Land seien wegen Corona, der Lage in den Schulen, Arbeitsplätzen oder Benzinpreisen besorgt. Seine Pläne würden zur Besserung der Situation beitragen, betonte Biden. Daher werde er sich weiter dafür stark machen, dass diese im Kongress verabschiedet würden.

Seit Wochen hängt ein von ihm angestossenes Infrastrukturpaket im Repräsentantenhaus fest. Mit dem Paket sollen Strassen, Brücken, Wasserleitungen und Internetnetze modernisiert werden. Das Vorhaben wurde bereits im Senat beschlossen und wartet nun auf das finale Votum. Da die Mehrheit der Demokraten in Senat und Repräsentantenhaus hauchdünn ist, zählt allerdings jede einzelne Stimme.

Linke Demokraten wollen vor der Abstimmung über das Infrastrukturpaket eine Sicherheit über ein zweites grösseres Paket über Sozial- und Klimapläne. Dagegen sperren sich aber einige konservative Demokraten. Biden hatte dieses Paket zuletzt dramatisch zusammengestrichen - auf 1,75 Billionen US-Dollar. Ursprünglich waren einmal 3,5 Billionen Dollar angepeilt. Damit wollte er konservativen Demokraten weitere Zugeständnisse machen.

Nach der Niederlage in Virginia sorgte nun die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, mit einer Ankündigung für Verwirrung. Biden hatte vergangene Woche noch das Vorhaben von bezahlter Elternzeit aus dem Paket gestrichen - eine in der Bevölkerung sehr beliebte Massnahme. Pelosi brachte diese nun wieder ins Spiel - obwohl es dagegen heftigen Widerstand einiger demokratischer Senatoren gibt. Ihr Ziel sei weiterhin eine «gemeinsame Grundlage für die Gesetzgebung», sagte Pelosi. Beobachter sehen in ihrem Vorgehen eine neue Strategie - bei der das Sozial- und Klimapaket allerdings zwischen den beiden Kammern im Kongress zerrieben werden könnte.

Biden äusserte sich auch auf die Frage, warum er während des Wahlkampfs so häufig seinen Vorgänger Trump erwähnt habe. Die Themen, die dieser unterstütze, hätten negative Auswirkungen auf das Leben der Menschen, sagte der US-Präsident. Biden hatte den Republikaner Youngkin bei einer Wahlkampfveranstaltung in Arlington als «Gefolgsmann Trumps» bezeichnet und gegen seinen Vorgänger gewettert. Vor einem Jahr hatte Biden in Virginia noch mit komfortablem Vorsprung gewonnen.

Die Demokraten hatten befürchtet - anders als bei den Präsidentschaftswahlen vor einem Jahr - nicht genug Wählerinnen und Wähler mobilisieren zu können. Sie konnten damals mit ihrer Kampagne gegen Trump vor allem auch gemässigte Wechselwähler erreicht, denen der Ex-Präsident zu extrem war. Die Niederlage von McAuliffe mache aber deutlich, dass die Demokraten nicht einfach noch mal Trump in den Fokus ihres Wahlkampfs stellen könnten, um in Zukunft Wahlen zu gewinnen, zitierte der Sender CNN einen Biden-Berater. «Die Demokraten wollten, dass es für die (Republikaner) unmöglich ist, gleichzeitig ihre Basis zu erweitern und in der Gunst von Donald Trump und seiner Stammwählerschaft zu bleiben», resümierte das «New York Magazine». Das habe nicht funktioniert.

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