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Es war ein bewegendes Jahr

So viele neue Gesichter wie letztes Jahr zum Beginn der Legislatur gibt es in der Davoser Politik wohl selten. Dagegen ist der scheidende Landratspräsident ein Urgestein.

Davoser
Zeitung
31.12.21 - 08:20 Uhr
Politik
Christian Thomann bei seiner Arbeit im Rat.
Christian Thomann bei seiner Arbeit im Rat.
bg

Mit dem Jahr 2021 begann die erste Amtsperiode unter der neuen Gemeindeverfassung und  einigen neuen Gesetzen. Am 7. Januar hat deshalb erstmals das älteste der amtsältesten Mitglieder des Grossen Landrats die Sitzung eröffnet. Diese Ehre wurde Landrat Hans Vetsch zuteil, und er leitete die Wahl des Präsidiums des Landratspräsidenten. In früheren Jahren wurde dies durch den Landammann vorgenommen. Es war für mich eine spezielle Ehre, dass mir bei der Wahl alle Landräte ihre Stimme gaben und mir das Vertrauen schenkten, die Gemeinde ein Jahr lang als höchster Davoser zu vertreten. Somit habe ich die Wahl mit Respekt, aber auch mit grosser Freude angenommen.

Davos mit neuem politischen Personal

Es war vermutlich einmalig in der Davoser Geschichte, dass sich die Behörden dermassen stark personell erneuert hatten: Anfangs Jahr begannen gleichzeitig zwölf neue Grosse Landrätinnen und Landräte ihre Arbeit in der Legislative, dazu startete ein neuer Landammann sowie zwei neue Kleine Landräte. In diesem Jahr hatten wir acht Sitzungen, an welchen wir 75 Geschäfte mit 86 Beilagen und ebenso vielen Auflageakten durcharbeiteten. Hervorheben möchte ich den Beitrag an das neue Forschungszentrum CERC, welches beim SLF angegliedert ist. Die Interpellation betreffend Staub- und Lärmemissionen beim Kieswerk Frauenkirch wirbelte im wahrsten Sinne des Wortes gehörig Staub auf. Hoffen wir da auf eine baldige und befriedigende Lösung. Zu meiner Freude wurde mein Postulat betreffend Totalrevision des Zonenplans nach 2½ Jahren vom Kleinen Landrat beantwortet und vom Grossen Landrat einstimmig überwiesen. Zwar konnten wir in den letzten Jahren den Investitionsstau bei Tiefbau- und Hochbauvorhaben der Gemeinde stark abbauen, jedoch haben wir in Davos im Vergleich zu anderen Gemeinden einen bemerkenswerten Planungsstau. Mit der neuen Raumplanerin wird die Regierung diese Pendenz nun angehen. Das Alterszentrum Guggerbach erhielt durch eine punktuelle Teilrevision des Zonenplans die für eine mögliche künftige Erweiterung erwünschte Planungssicherheit, welcher das Stimmvolk mit 84,9 Prozent deutlich zustimmte.

Für die Gemeinde im Einsatz

Ab Mitte Jahr durfte ich die Gemeinde an zahlreichen Veranstaltungen vertreten. Es ergaben sich dabei einige interessante Begegnungen und Gespräche. Speziell erwähnen möchte ich die Begegnung mit den Vertretern der Unesco und der internationalen Vereinigung des Walsertums in der Grossen Stube des Rathauses. Obwohl mein Walserdeutsch noch nicht ganz perfekt ist, waren die anwesenden Gäste begeistert von Davos. Am Bettag-Wochenende durfte ich an fünf Veranstaltungen teilnehmen. In der Kirche Monstein stand ich für ein Interview zur Verfügung, anschliessend war ich bei der Glockenaufzugsfeier der katholischen Kirche anwesend und hatte mit dem Bischof einen spannenden Austausch. Am Abend durfte ich in der Heilsarmee Davos das Bettagsmandat der Kantonsregierung vortragen. Auch mit unserem Landammann Philipp Wilhelm war ich unterwegs. So konnte ich ihn motivieren, zusammen mit Landratsvizepräsidentin Alexandra Bossi und mir den Swiss Alpine von Klosters nach Davos zu meistern. Es war dann die Aufgabe des Landratspräsidenten, vor dem Land­ammann im Ziel anzukommen.

Die Davoser Politikspitze beim Sport vereint: Landammann Philipp Wilhelm, Landratspräsient Christian Thomann und Landrats-Vizepräsidentin Alexander Bossi gemeinsam am Start zum Swiss Alpine Marathon.
Die Davoser Politikspitze beim Sport vereint: Landammann Philipp Wilhelm, Landratspräsient Christian Thomann und Landrats-Vizepräsidentin Alexander Bossi gemeinsam am Start zum Swiss Alpine Marathon.
zVg

Der Volksmund will Respekt

Ich bin gerne unter Menschen, rede und debattiere gerne, solange es mit Respekt und Anstand zu- und hergeht. Respekt und Anstand sind in den letzten anderthalb Jahren vielenorts abhanden gekommen, sei das am Arbeitsplatz, in Vereinen, unter Kollegen und leider auch in Familien. Zurzeit muss man sogar vorsichtig sein, was man fragt, so oft wird man gleich in eine Schublade gesteckt. Jeder Mensch hat seine eigene Persönlichkeit und Geschichte. Wir sollten deshalb vorsichtig sein, jemanden zu schubladisieren, oder schlimmer: zu verurteilen. Besser schauen wir auf uns selbst, ob wir wirklich besser sind oder uns noch verbessern können. Der Volksmund meint dazu: Zuerst vor der eigenen Haustür wischen.

Grosse Herausforderungen

Mit grossen Sorgen schauen viele in die Zukunft. Die EU und die USA drucken Geld ohne Ende. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Stehen wir vor einer Hyperinflation? Ist mein Erspartes bald viel weniger wert? Aus meiner beruflichen Erfahrung wird die drohende Stromknappheit ein sich abzeichnendes grosses Problem. Es ist lobenswert, dass nun die Ölheizungen und Autos auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Aber solange der Zubau von Wasser- und Windkraftwerken, Photovoltaikanlagen oder Biogaskraftwerken so langsam vor sich geht, werden wir unweigerlich auch in der Schweiz Blackouts, also Stromunterbrüche, erleben. Da steht uns viel Arbeit bevor. Die Technik ist vorhanden, aber beim Willen hapert es.

Nicht von Angst leiten lassen

In meiner Antrittsrede im Januar 2021 vor dem Grossen Landrat habe ich gesagt, dass wir nicht vor Angst erstarren dürfen. Angst ist eine starke Emotion, die von den Medien und gewissen Politikern missbraucht wird, sodass wir zum Teil nicht mehr sachlich miteinander diskutieren können. Es werden immer mehr extreme Positionen vertreten, und man hört nicht mehr zu. Im meistverkauften Buch der Welt steht «Meide die Extreme». Das ist mir zu einem wichtigen Leitsatz bei vielen Dingen des Lebens geworden. Was mir Hoffnung macht, ist, dass es noch eine stärkere Emotion gibt als Angst. Auf einer Weihnachtskarte von lieben Freunden habe ich Folgendes gelesen: «Es gibt keine grössere Kraft als die Liebe. Sie überwindet den Hass, wie das Licht die Finsternis.» Mit diesem Gedanken von Martin Luther King wünsche ich allen viel Weisheit und Kraft im neuen Jahr.

Christian Thomann (EVP), Landratspräsident

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