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Vorwurf des Wahlbetrugs - Frauenfelds Ex-Stadtschreiber vor Gericht

Der frühere Stadtschreiber von Frauenfeld soll nach der Thurgauer Grossratswahl vom 15. März 2020 rund 100 Stimmzettel entsorgt und durch gefälschte Zettel ersetzt haben. Am (heutigen) Dienstag steht er in Frauenfeld vor Bezirksgericht. Er bestreitet die Vorwürfe.

Agentur
sda
06.07.21 - 08:37 Uhr
Blaulicht
Der frühere Stadtschreiber von Frauenfeld soll bei der Thurgauer Grossratswahl im März 2020 Wahlzettel manipuliert haben. Dadurch wurde das Ergebnis verfälscht. Am Dienstag steht der Beschuldigte in Frauenfeld vor Bezirksgericht (Symbolbild).
Der frühere Stadtschreiber von Frauenfeld soll bei der Thurgauer Grossratswahl im März 2020 Wahlzettel manipuliert haben. Dadurch wurde das Ergebnis verfälscht. Am Dienstag steht der Beschuldigte in Frauenfeld vor Bezirksgericht (Symbolbild).
KEYSTONE/WALTER BIERI

Die Staatsanwaltschaft beantragt für den ehemaligen Frauenfelder Stadtschreiber, den 50-jährigen Ralph Limoncelli, wegen qualifizierter Wahlfälschung eine bedingte Freiheitsstrafe von 15 Monaten, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem soll er eine Busse von 3000 Franken bezahlen.

Gemäss Anklageschrift soll der Beschuldigte, ein ehemaliger CVP-Kantonsrat, als Leiter des Wahlbüros der Stadt Frauenfeld nach dem Wahlsonntag (15. März 2020) 100 unveränderte GLP-Wahlzettel vernichtet haben. Diese soll er durch knapp 100 SVP-Wahlzettel ersetzt haben, die er aus Reserve-Wahlcouverts heraustrennte.

Dadurch gewann die SVP im Bezirk Frauenfeld einen zusätzlichen Sitz auf Kosten der Grünliberalen (GLP). Der Präsident der GLP des Bezirks Frauenfeld, Andreas Schelling, wies die Staatskanzlei nach der Wahl darauf hin, dass das Ergebnis nicht plausibel sei. Die offiziell nur 27 unveränderten Wahlzettel der GLP könnten nicht stimmen.

Mehrere Nachzählungen

Auf Anordnung der Staatskanzlei führte der Beschuldigte zwei Nachzählungen durch. Er tat dies allein. Bei der zweiten Nachzählung kamen laut Anklage zwei Beigen mit je 100 GLP-Wahlzettel zum Vorschein, die beim Auszählen versehentlich der SVP zugeordnet worden waren.

Statt diesen Fehler zu korrigieren, soll Limoncelli nur eine 100er-Beige von der SVP zurück zur GLP gelegt haben. Das Wahlergebnis wurde offiziell korrigiert, an der Sitzverteilung änderte sich nichts. Dem Beschuldigte sei dies aufgrund seiner Erfahrung mit dem Auszählen von Wahlen bewusst gewesen.

Drei Tage nach der Wahl legte die GLP-Bezirkspartei beim Grossen Rat einen Wahlrekurs ein und verlangte eine Nachzählung durch den Kanton. Ende März reichte die Staatskanzlei bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige ein. Im Verlauf der Strafuntersuchung geriet Limoncelli unter Verdacht.

Tatmotiv war laut Anklage die Absicht des Beschuldigten, «das eigene Gesicht zu wahren, das Image der Stadt Frauenfeld nicht zu schädigen und die Gelegenheit zu nutzen, eine alte Rechnung mit der GLP aus dem Jahr 2016/2016 zu begleichen». Die GLP hatte damals im Frauenfelder Stadtparlament Limoncellis Engagement als CVP-Grossrat kritisch hinterfragt.

Limoncelli beteuert Unschuld

Der Beschuldigte bestreitet sämtliche Vorwürfe. Er beteuerte in einer Stellungnahme im März 2021 seine Unschuld. «Ich habe ein reines Gewissen, weshalb ich dem Gerichtsverfahren gelassen entgegenblicke», schrieb er. Es scheine, «als müsse aus rein politischen Gründen zwingend eine Person vor Gericht gezerrt werden.»

Der Grosse Rat korrigierte am 1. Juli 2020 den Wahlbetrug und sprach den fraglichen Sitz der GLP zu. Ebenfalls im Juli schrieb der Kanton die Beschaffung eines neuen elektronischen Wahl- und Abstimmungssystems aus. Es soll Wahlfälschungen in Zukunft verunmöglichen.

Der beschuldigte Ex-Stadtschreiber kündigte seine Stellung bei der Stadt Frauenfeld im vergangenen August. Kurze Zeit später wurde er vom Stadtrat freigestellt, ohne dass die Behörde Gründe dafür nannte.

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