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Der Wechsel zu den Jets entpuppt sich für Sbisa als Glücksfall

Luca Sbisas Karriere in der NHL steht auf der Kippe. Winnipeg gibt ihm aber doch noch eine Chance, und diese nutzt er. Selbst eine gebrochene Rippe hält ihn nicht auf.

Agentur
sda
23.04.20 - 20:00 Uhr
Eishockey
Luca Sbisa im Dress der Winnipeg Jets.
Luca Sbisa im Dress der Winnipeg Jets.
KEYSTONE/FR51399 AP/ANDY CLAYTON-KING

Luca Sbisa ist kein Blender, er ist aber ein verlässlicher Verteidiger, der nicht umsonst 580 Partien in der NHL bestritten hat. Seine Karriere bekam aber ausgerechnet während der besten Saison einen Knick. Nachdem der 30-jährige Zuger 2017 vom damaligen Liga-Neuling Vegas Golden Knights im «Expansion Draft» gezogen worden war, überzeugte er mit starken Leistungen. Er hatte gar einen gut dotierten Vertrag auf dem Tisch.

Dann aber schlug die Verletzungshexe zu. Zwar schaffte er in den Playoffs trotz einer langen Pause wieder den Sprung ins Team, das damals sensationell den Final erreichte, dennoch wurde die Zusammenarbeit nicht fortgesetzt. Sbisa musste sich lange gedulden, ehe er kurz vor dem Saisonstart von den New York Islanders doch noch für ein Jahr verpflichtet wurde. Dort erhielt er aber keine faire Chance, kam er bloss neunmal zum Einsatz. Dennoch stellten ihm die Islanders einen neuen Vertrag in Aussicht, es waren aber nichts als leere Worte. Selbst eine Rückkehr in die Schweiz war für Sbisa nicht mehr ausgeschlossen.

Ende Oktober 2019, als die neue Saison schon lief, überschlugen sich dann aber die Ereignisse. Zunächst gaben die Anaheim Ducks, für die Sbisa schon gespielt hatte und zu dessen General Manager Bob Murray er ein gutes Verhältnis pflegt, dessen Verpflichtung für ein Jahr bekannt. Murray sagte Sbisa jedoch, dass er trotz eines Einweg-Kontrakts zunächst in der AHL für das Farmteam San Diego Gulls spielen müsse. Also flog der Schweizer von New York nach Los Angeles.

Nach einer Nacht in Newport Beach, wo Sbisa ein Haus besitzt, wurde er um 6 Uhr abgeholt und nach San Diego gefahren. Er sagte den Coaches kurz Hallo, ehe er an einen 30 Minuten entfernten Ort gebracht wurde, um die medizinischen Tests zu absolvieren. Dort klingelte das Telefon. Sbisa erfuhr, dass ihn die Winnipeg Jets von der Waiver-Liste geholt hatten. So fuhr er ins Stadion zurück, ohne die Tests zu machen, und von dort mit dem Uber-Taxi wieder nach Newport Beach.

Der Flug via Minneapolis nach Winnipeg war in der Nacht auf 0.30 Uhr terminiert. Sbisa nutzte die Zeit, um eine Runde Golf zu spielen. Dabei gelang ihm am zweiten Loch zum ersten Mal im Leben ein Hole-in-one. «Das war für mich ein Zeichen, dass alles richtig läuft», sagte Sbisa. Am nächsten Tag landete er in Winnipeg, machte die Tests, bevor er sich völlig erledigt im Hotel ausruhte. Am Morgen danach lernte er am Flughafen seine neuen Teamkollegen kennen. Die Reise ging nach Regina, wo ein Outdoor-Game gegen die Calgary Flames auf dem Programm stand. In diesem war Sbisa noch Zuschauer, drei Tage später debütierte er dann aber für die Jets, und zwar in ... Anaheim, was zu dieser verrückten Zeit passte.

Der Wechsel zu den Jets entpuppte sich für Sbisa als Glücksfall. Er erhielt dort viel Vertrauen, kam durchschnittlich während knapp 18 Minuten zum Einsatz. «Ich machte das Beste daraus, schliesslich spielte ich ein Jahr fast kein Eishockey», findet Sbisa. «Viele Leute trauten mir nichts mehr zu. Ich aber wusste, dass ich einfach eine Chance brauche.» In der kanadischen Metropole gefällt es ihm und der Familie, obwohl Temperaturen von minus 40 Grad und tiefer nichts Aussergewöhnliches sind. «Winnipeg hat einen schlechten Ruf in der Liga als Stadt und Spielort. Wir aber sind sehr, sehr positiv überrascht. Weil es so kalt ist, scheint oft die Sonne.»

Sbisa ist auch nach dem Unterbruch der NHL in Winnipeg geblieben. «Wir fühlen uns wohl und sicher hier», begründete er. Bis in der vergangenen Woche war auch Teamkollege Blake Wheeler dort, dieser wohnte unmittelbar neben dem Zentralschweizer. «Wir sind vom ersten Tag an die besten Freunde, er zeigte mir alles und half mir.» Wheeler hat drei Kinder, das jüngste ist praktisch gleich alt wie Sbisas Sohn Nolan. Die Quarantäne empfand Sbisa bislang nicht so schlimm. «Die Situation ist aber schon komisch.»

Sbisas Vertrag bei Winnipeg läuft nach der Saison aus. Gespräche gab es bislang keine, «ich würde jedoch gerne bleiben». Damit die Chancen diesbezüglich gut sein dürften, hat er einige Schmerzen in Kauf genommen. Mitte November brach er sich eine Rippe. Obwohl er am nächsten Tag kaum noch atmen konnte, sagte er nichts. Er betäubte die Schmerzen und spielte weiter. Schliesslich wollte er die erhaltene Möglichkeit unbedingt nutzen. «Es war nicht lustig», so Sbisa.

Bei einem MRI vier Wochen später stellte sich heraus, dass die Rippe noch immer gebrochen war. Er legte aber erneut keine Pause ein - und auch nicht, als ihm auch noch der Fuss, der Hamstring und eine kleine Zerrung im Ellbogen zu schaffen machten. Mitte Februar brach sich Sbisa gegen Chicago die gleiche Rippe an einem anderen Ort erneut, worauf ihn die Verantwortlichen nicht mehr spielen liessen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er aber immerhin 44 Partien bestritten. «Dass ich mit einer gebrochenen Rippe spielte, hat mich wahrscheinlich gerettet», so Sbisa. «Ich glaube, es sollte klappen mit einem neuen Vertrag. Und wenn nicht, dann an einem anderen Ort.» Schliesslich hat er gezeigt, über welches Kämpferherz er verfügt.

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