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Suter und Gut-Behrami fast wie einst Walliser und Figini

Mentale Probleme stehen Corinne Suter jahrelang im Weg. Jetzt holt die 26-Jährige in vier WM-Speedrennen in Folge eine Medaille. Mit Lara Gut-Behrami weckt sie Erinnerungen an eine alte Rivalität.

Agentur
sda
13.02.21 - 18:35 Uhr
Ski alpin

Wenns läuft, dann läufts. In der Plattitüde steckt viel Wahrheit, besonders bei Corinne Suter und Lara Gut-Behrami. Nach dem Super-G rasten die Schwyzerin und die Tessinerin am Samstag an der WM in Cortina d'Ampezzo auch in der Abfahrt gemeinsam auf das Podest. Bei wiederum strahlend blauem Himmel und tiefen Temperaturen holte dieses Mal Suter Gold und wurde Gut-Behrami, die Siegerin am Donnerstag, trotz eines zeitraubenden Fehlers Dritte. Nur die deutsche Überraschung Kira Weidle verhinderte auf der berüchtigten Olimpia delle Tofane den zweiten Schweizer Doppelerfolg.

Bei beiden Schweizerinnen machte es klick. Gut-Behrami fährt nach zwei Jahren mit Problemen und Reibereien auf Nebenschauplätzen seit einigen Wochen wieder unnachahmlich schön und schnell. Hätte sie sich an einer Schlüsselstelle nicht verschätzt und wäre sie dort nicht etwas gar weit von der Ideallinie abgekommen, hätte sie 48 Stunden nach dem Triumph im Super-G möglicherweise nachgedoppelt. Andererseits: Corinne Suter war im untersten Teil derart schnell, dass sie ihre Teamkollegin vielleicht sowieso abgefangen hätte. Fast eine halbe Sekunde machte Suter nach der letzten Zwischenzeit auf Gut-Behrami gut.

Sie habe am Renntag von Beginn ein weg ein sehr gutes Gefühl gehabt, sei entspannter gewesen als sonst in solchen Momenten, sagte Suter. Dabei sei sie am Vortag todmüde gewesen nach der Medaillen- und Interview-Prozedur, die sich eine gefühlte Ewigkeit in die Länge gezogen hatte.

Manko behoben

Es sind Worte, die man vor zwei Jahren nicht aus dem Mund der 26-jährigen Schwyzerin zu hören bekommen hätte. Bis zu ihrem ersten von zwei Medaillen-Coups an der letzten WM in Are hatte sie sich in aller Regelmässigkeit verkrampft, wenn es zählte. Dabei wäre sie vom Können her schon länger zu Grösserem imstande gewesen; vor allem in physischer Hinsicht war sie früh auf höchstem Niveau. «Verkopft» nannte es Suter jeweils zerknirscht. Das Manko hat sie inzwischen so gut überwunden, dass sie die durchwachsen verlaufenen letzten Wochen mit fünf Speedrennen ausserhalb der Podestplätze mental unversehrt wegsteckte.

Der fehlende Rummel in Cortina aufgrund des Zuschauerverbots habe ihr wohl geholfen, meinte Suter nach Gold in der Abfahrt. Doch die gelöste Blockade im Kopf war entscheidender. Dominique Pittet, der Speedtrainer, der Suter seit vielen Jahren begleitet, sagte im Zielraum der Tofana: «Das Selbstvertrauen gibt ihr die nötige Ruhe. Die Voraussetzungen für grosse Erfolge hatte sie schon immer.» Bemerkenswert ist in ihrem Fall, dass das Selbstvertrauen praktisch an dem einen guten Resultat in Are gewachsen ist. Seither ist Suter die konstanteste Speedfahrerin.

Erinnerungen an Maria Walliser und Michela Figini

Weil auch Lara Gut-Behrami wieder brilliert, stellt Swiss-Ski in Abwesenheit der verletzten Italienerin Sofia Goggia die aktuellen Speed-Trümpfe im Plural. Halten Suter und Gut-Behrami ihr Niveau, kann sich die Schweiz auf eine Rivalität freuen, wie sie in den Achtzigerjahren zwischen Maria Walliser und Michela Figini bestand.

Walliser war vor 32 Jahren die letzte hiesige Abfahrts-Weltmeisterin. Zwei Jahre zuvor in Crans-Montana siegte die Toggenburgerin sowohl in der Abfahrt als auch im Super-G vor der Tessinerin Figini. Dass sich die Schweizerinnen damals teamintern nichts gönnten, war ein offenes Geheimnis. In einem NZZ-Interview gestand Walliser vor Kurzem, sie wäre lieber Zweite hinter einer Amerikanerin oder Österreicherin geworden als hinter einer Landsfrau.

So weit geht die Rivalität zwischen Suter und Gut-Behrami (noch) nicht. Gut-Behrami bezeichnet Suter als «eine der nettesten Teamkolleginnen, die ich bisher hatte». Die andere sagt, sie und Gut-Behrami hätten es gut miteinander, und sie vergesse nie, dass die andere sie getröstet und ihr gut zugesprochen hatte, als es ihr nicht gut lief.

Die Worte sind indes mehr so zu verstehen, dass es keinen Stunk zwischen den beiden gibt. Dass Gut-Behrami im Schweizer Team eine Solistin ist und auch mal die Ellbogen ausfahren kann, wenn es der eigenen Sache dient, ist bekannt. Und dass auch Suter gelernt hat, weniger nach links und rechts zu schauen, ist ein weiterer Faktor ihres Erfolgs.

«Jeder fährt für sich selber», sagt Suter heute. Und das ist gut so, findet auch Pittet. «Die Fahrerinnen sind Sportlerinnen und Konkurrentinnen. Eine gesunde Rivalität ist gut. Jede kann und soll ihr Ding machen, solange der gegenseitige Respekt vorhanden ist. Das ist bei ihnen der Fall.» Suter hält jetzt bei vier WM-Medaillen inklusive komplettem Satz, Gut-Behrami bei sieben.

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