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Neandertaler-Gene erhöhen Risiko für schweren Corona-Verlauf

Einer Studie zufolge gibt es einen möglichen Zusammenhang zwischen dem uralten Neandertaler-Erbe in unserem Erbgut und schweren Verläufen von Covid-19. Das berichten Forschende im Fachmagazin «Nature».

Agentur
sda
30.09.20 - 13:35 Uhr
Wirtschaft
Illustration eines DNA-Strangs: Neandertaler-Gene könnten einer Studie zufolge verantwortlich für einen schweren Krankheitsverlauf bei einer Covid-19-Infektion sein.
Illustration eines DNA-Strangs: Neandertaler-Gene könnten einer Studie zufolge verantwortlich für einen schweren Krankheitsverlauf bei einer Covid-19-Infektion sein.
KEYSTONE/DPA

«Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen, die diese Genvariante geerbt haben, bei einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 künstlich beatmet werden müssen, ist etwa dreimal höher», erklärte Hugo Zeberg vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig (MPI EVA).

Die Variante ist ein weiterer Risikofaktor zusätzlich zu vielen schon länger bekannten wie Alter und manchen Vorerkrankungen. Eine Studie im Sommer hatte ergeben, dass eine Gruppe von Genen auf Chromosom 3 mit einem höheren Risiko einhergehen kann, im Falle von Covid-19 im Krankenhaus behandelt und künstlich beatmet werden zu müssen.

Menschen erbten Genvariante von Neandertalern

Zeberg und sein MPI-Kollege Svante Pääbo haben den Gencluster nun analysiert und gezielt mit dem Erbgut von Neandertalern und Denisova-Urmenschen verglichen. Die DNA-Sequenz in der für ein höheres Risiko sorgenden Variante des Clusters sei den DNA-Sequenzen eines etwa 50'000 Jahre alten Neandertalers aus Kroatien sehr ähnlich.

«Es hat sich herausgestellt, dass moderne Menschen diese Genvariante von den Neandertalern geerbt haben, als sie sich vor etwa 60'000 Jahren miteinander vermischten», sagte Zeberg, der auch am Karolinska-Institut in Stockholm forscht.

Südasiaten tragen Genvariante besonders häufig

Es gebe erhebliche Unterschiede hinsichtlich der regionalen Verbreitung dieser genetischen Variante, erläuterte das Forscherduo weiter. Besonders häufig findet sie sich demnach bei Menschen in Südasien, wo etwa die Hälfte der Bevölkerung sie im Genom trage, in Bangladesch sogar 63 Prozent. In Europa habe etwa einer von sechs Menschen (rund 16 Prozent) sie geerbt - in Afrika und Ostasien komme die Variante hingegen so gut wie gar nicht vor.

Eine Erklärung dafür, warum Menschen mit der Genvariante ein höheres Risiko haben, gebe es bisher nicht. «Es ist erschreckend, dass das genetische Erbe der Neandertaler während der aktuellen Pandemie so tragische Auswirkungen hat», sagte Pääbo. «Warum das so ist, muss jetzt so schnell wie möglich erforscht werden.»

https://doi.org/10.1038/s41586-020-2818-3

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