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Wichtige Eckpunkte im Prozess um Pierin Vincenz

Am Bezirksgericht Zürich startet am Dienstag die Verhandlung gegen Pierin Vincenz. Aufstieg und Fall des ehemaligen Raiffeisen-CEO.

Pierina
Hassler
25.01.22 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Angeklagt: Der Bündner Pierin Vincenz hat die Raiffeisen-Bank zum Erfolg geführt. Ab dem 25. Januar wird vor dem Zürcher Bezirksgericht geklärt, ob er ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig in seinem Nutzen verwendet hat.
Angeklagt: Der Bündner Pierin Vincenz hat die Raiffeisen-Bank zum Erfolg geführt. Ab dem 25. Januar wird vor dem Zürcher Bezirksgericht geklärt, ob er ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig in seinem Nutzen verwendet hat.
Bild Olivia Aebli Item

Pierin Vincenz schaffte es, die ehemalige Bauernbank Raiffeisen zur Nummer 3 in der Schweiz zu machen.  Sein Charisma, seine Nähe zu einfachen Leuten und seine Bescheidenheit machten ihn zum Superstar unter den Schweizer Bankern. Bis er über undurchsichtige Deals stolperte. Die Chronologie der wichtigsten Ereignisse der Vincenz-Affäre.

Die Hauptangeklagten:
Vor dem Zürcher Bezirksgericht stehen der ehemalige Chef der Bank Raifeissen Pierin Vincenz und der Geschäftsmann Beat Stocker. Fünf weitere Angeklagte müssen wegen Beihilfe antreten. 

Um was geht es:
Vincenz und Stocker sollen sich heimlich und im privaten Rahmen an Firmen aus dem Umfeld der Raiffeisenbank und der Kreditkarten Aduno (jetzt Viseca) beteiligt haben und dann vom Weiterverkauf profitiert haben. Die beiden zusammen sollen so 25 Millionen eingenommen haben. Zudem wird ihnen vorgeworfen, Spesen im Umfang von rund 600 000 Franken verrechnet zu haben. Rund ein Drittel für Rechnungen in diversen Nightclubs.

Hauptverteidiger von Vincenz:
Lorenz Erni gilt als einer der renommiertesten Strafverteidiger der Schweiz. In seiner Karriere hat der 72-Jährige schon namhafte Klienten wie den Regisseur Roman Polanski und Fifa-Präsident Sepp Blatter vertreten. Seine bevorzugten Arbeitsgebiete sind Straf- und Wirtschaftsrecht.

2005 – Das Gesellenstück:
Vincenz und Stocker gründen die Firma iFinace Management AG in Zug. Im Sommer kauft die Firma für eineinhalb Millionen Franken die Mehrheit der Aktien an Commtrain – eine Firma für drahtlose Kreditkartenterminals. Später wird die defizitäre Commtrain für sieben Millionen Franken an die Kreditkartenfirma Aduno verkauft. Dort ist Stocker der Chef. Vincenz Präsident des Verwaltungsrats. Mit der Übernahme realisiert die iFinace Management AG einen Reingewinn von 2,6 Millionen Franken. Dass hinter dieser Firma Vincenz und Stocker stecken, wissen die wenigsten.

2009 – Der erste Verdacht:
Unter Insidern und Journalisten kursieren Gerüchte betreffend das Commtrain-Geschäft. Vincenz und Stocker bekommen dies mit und geben ein Gutachten in Auftrag, um zu beweisen, dass alles sauber ist. 

2012 – Die ersten öffentlichen Feinde:
Vincenz, der Genossenschaftsbanker, unterstützt die damalige Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie baut den automatischen Informationsaustausch mit der EU auf. Mit diesem Schritt macht sich Vincenz arrivierte Banker zu Feinden. Die Bankiervereinigung war gelinde gesagt irritiert. Für Vincenz war der Schritt aber klar. Je früher die Schweiz mit Europa das Gespräch suche, umso mehr könnten auch Gegenforderungen gestellt werde, so Vincenz. Es gibt immer noch Gerüchte, die besagen (siehe 2016: Affäre nimmt Fahrt auf), dass seine damaligen Feinde den Raiffeisenchef mit Insiderwissen ans Messer geliefert hätten.

2015 – Vincenz tritt ab:
In den Jahren zuvor hatte die Raiffeisen die St. Galler Privatbank Wegelin übernommen. Die Nationalbank stufte die ehemalige Bauernbank als «too big to fail» ein. Und die Bilanzsumme hatte sich innerhalb von weniger als zehn Jahren von 100 auf 200 Milliarden Franken verdoppelt. Erfolgreicher geht nicht mehr. Trotzdem gibt Vincenz die Leitung der Raiffeisen ab. Früher als geplant.

2016 – Affäre nimmt Fahrt auf:
Die Onlineplattform «Inside Paradeplatz» veröffentlicht einen Artikel, der die Funktionsweise der heiklen Deals nachvollzieht. Ziemlich sicher sind dem Finanzblog «echte» Hinweise zugespielt worden. Bis heute ist aber nicht bekannt, wer die Hinweise geliefert hat.

2017 – Erstes Verfahren:
Die Finanzmarktaufsicht (Finma) leitet ein Verfahren gegen Vincenz ein. Später werden die Ermittlungen aber eingestellt. Allerdings nur, weil Vincenz von allen Funktionen zurücktritt und versichert, er wolle in der Branche keine neuen Posten mehr anstreben. 

2018 – In Justizgewahrsam:
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich leitet ein Verfahren gegen Vincenz ein. Die Polizei führt bei verschiedenen Leuten Hausdurchsuchungen durch, auch beim ehemaligen Banker. Ganze 106 Tage muss er in U-Haft bleiben. Vom 27. Februar bis zum 12. Juni. 

25. Januar 2022:
Das Verfahren im Zürcher Volkshaus beginnt: Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Wann das Urteil gesprochen wird, ist noch offen. Bei einem Schuldspruch drohen Vincenz bis zu sechs Jahre Gefängnis und neun Millionen Franken Busse. 

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