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«Ich bin Blitzableiter und Vermittlerin»

Das Lakers-Fan-Projekt gilt schweizweit als vorbildlich. Trotzdem kam es jüngst zu unschönen Zwischenfällen. Die Fan-Projekt-Leiterin Katharina Ganz nimmt Stellung und spricht über ihren Job, der nicht immer ganz einfach ist.

Südostschweiz
09.03.13 - 01:00 Uhr

Mit Katharina Ganz sprach Nicole Bruhin

Rapperswil-Jona. – Lange war es ruhig um die Lakers-Fans. Nun gerieten sie innert einer Woche gleich zweimal in die nationalen Schlagzeilen. Erst überfielen und verwüsteten Anhänger des HC Lugano das Fan-Lokal der Lakers bei der Diners Club Arena. Und am letzten Wochenende wurden die Lakers-Fans auf dem Heimweg vom Auswärtsspiel in Ambri gleich nochmals überfallen – wieder von Lugano-Fans. Sie folgten den Lakers-Anhängern auf eine Raststätte im Kanton Schwyz. Dort kam es zu einer wüsten Schlägerei.

Die Fan-Projekt-Leiterin Katharina Ganz war bei beiden Vorfällen vor Ort. Im Gespräch mit der «Südostschweiz» erzählt sie, wie die Situation einzuschätzen ist. Von einer aufgeflammten Fehde geht Ganz nicht aus.

Vandalenakt im Lakers-Fan-Lokal, Schlägerei auf einer Raststätte im Kanton Schwyz – wie ist die Stimmung im Moment unter den Fans?

Katharina Ganz: Eigentlich ist die Stimmung im Moment sehr gut. Wir haben einen sehr guten Austausch und die Vertrauensbasis zwischen dem Club, den Fans und den Behörden ist hoch.

Sind die Vorkommnisse der letzten zwei Wochen kein Thema mehr?

Doch, natürlich. Vor allem am Montag nach der Auseinandersetzung auf der Raststätte beim Wolfssprung im Kanton Schwyz haben wir uns rege ausgetauscht. Die meisten können sich nicht erklären, wieso es genau zu dieser Prügelei zwischen unseren Fans und den Lugano-Fans kam. Und das wühlt schon etwas auf. Die Fans haben einen Tag später von uns verlangt, dass sie Rückendeckung vom Club bekommen. Und diese haben sie von der Clubleitung auch erhalten.

Sie waren bei beiden Vorfällen mit vor Ort, wie haben sie das erlebt?

Beim Vorfall in Rapperswil habe ich vor dem Stadion zwischen den Parteien die Kommunikation koordiniert. Diese Aktion dieser Gruppe von Lugano-Fans kam für uns sehr überraschend. Aber eigentlich ging alles erstaunlich ruhig über die Bühne. In solchen Momenten ist es wichtig eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten zu erreichen. Denn Zurückgeben ist vor allem bei den Ultras eine Ehrensache. Auf der Raststätte im Wolfssprung im Kanton Schwyz sind wir erst nach der Schlägerei eingetroffen. Ich habe dann vor allem die Leute beruhigt. Da waren ja auch Väter mit Kindern dabei. Es muss dabei aber relativ heftig zu und her gegangen sein. Wir fanden sogar zerbrochene Gürtelschnallen auf dem Boden.

Das Fan-Projekt der Lakers gilt national als Vorzeigeprojekt – was macht es aus?

Das höre ich gern. Wir haben in den letzten vier Jahren sehr viel gearbeitet und dabei einiges erreicht. Ich glaube aber auch, dass wir Glück hatten. Alle Parteien haben sehr gut harmoniert. Und alle wollten «schaffen» und die Probleme angehen. Das ist eine wichtige Voraussetzung. Das war nicht immer so. Es brauchte viel Vermittlungsarbeit. Aber jetzt sind wir auf einem sehr guten Stand.

Es ist das Vorzeigeprojekt auch was die Sicherheit anbelangt. Wie kann ein solcher Vorfall wie vor dem Lakers-Fan-Lokal trotzdem passieren?

Dieser Vorfall vor dem Stadion hat nichts mit unserer Sicherheitsorganisation zu tun. Diese ist ausschliesslich für die Sicherheit im und um das Stadion während den Lakers-Spielen der ersten Mannschaft verantwortlich. Wir haben zuvor auch keine Anhaltspunkte gehabt. Es lagen uns keinerlei Informationen vor, dass die Lugano Fans eine Aktion gegen die Lakers-Fans planten.

Die Lakers-Fans wurden nun quasi zweimal überfallen. Besteht keine Gefahr, dass die Ultras der Lakers einen Gegenschlag planen?

Die Lakers-Fans haben in Rapperswil kooperiert. Da ist klar, dass es auch negative und provokative Stimmen gibt, die die Lakers-Ultra-Szene als wenig schlagkräftig bezeichnen. Die Schlägerei auf der Raststätte war scheinbar heftig. So könnte man annehmen, sie hätten dort ihr Gesicht nicht verloren. Aber klar, wenn es nochmals einen Übergriff seitens der Lugano-Fans gibt, könnte die Stimmung kippen. Es gibt bei den Lakers-Ultras einige, die kampferprobt sind und sich solchen Auseinandersetzungen auch stellen.

«Es gibt keine Fehde zwischen den Ultras»

Handelt es sich hierbei um eine Fehde in der Ultra-Szene?

Nein, ich glaube nicht, dass es sich um eine Fehde handelt. Jedenfalls ist mir nichts Derartiges bekannt. Eine solche Rückmeldung gab es auch von den Fans nicht.

Gibt es viele Ultras unter den Lakers-Fans?

Wie viele Fans sich als Ultras bezeichnen, weiss ich nicht. Wir haben fünf rot-weiss-blaue Fanclubs sowie die Dachorganisation «45er-Bewegung». Davon sind zirka 20 bis 50 Fans sehr und regelmässig aktiv. Die Ultra-Szene ist aber grösser.

Der erste Staatsanwalt von St. Gallen spricht von mafia-ähnlichen Zuständen bei den Ultras. Trifft das auch auf die Strukturen der Lakers-Fans zu?

Das sind klare und starke Strukturen. Wenn man im Netzwerk drin ist, dann ist man dabei. Klar gibt es auch unschöne Geschichten über Aussteiger. Der Zusammenhalt – auch im Positiven – ist sehr stark.

Was genau ist Ihre Aufgabe als Fan-Projekt-Beauftragte der Lakers?

Ich bin eine Art Schnittstelle zwischen den Fans, dem Club, den Behörden und manchmal auch der Polizei. Eine Art Übersetzungsstelle. Das heisst, manchmal vertrete ich die Fans, aber dann muss ich auch Grenzen aufzeigen. Das Spannungsfeld ist sehr gross. Ich bin Blitzableiter und Vermittlerin

Das tönt nach viel Frustpotenzial.

Das ist manchmal so. Ich laufe stets Gefahr, immer jemanden zu enttäuschen, Erwartungen nicht erfüllen zu können, und das ist schon manchmal frustrierend. Es gibt selten einen Kompromiss, den man weiterentwickeln kann.

Wie ist Ihr Verhältnis zu den Fans?

Das ist mittlerweile sehr persönlich. Im Moment sprechen wir dieselbe Sprache. Alle Seiten arbeiten sehr gut zusammen. Und die Fans kontaktieren mich mittlerweile sogar zu persönlichen Themen. Das ist sehr schön.

Hatten Sie auch schon mal Probleme mit einzelnen Fans, wurden Sie bedroht?

Bedroht wurde ich noch nie. Im letzten Jahr hat es ein, zwei Momente gegeben, die mir viel Ärger eingebracht haben. Das ging mir nahe. Ich glaube aber, dass wir einen gegenseitigen Respekt pflegen. Gerade auch deshalb, weil ich die Fans respektiere. Und das wissen sie. Das Frau-Sein ist in manchen Momenten sicher auch ein Vorteil.

«Ich sehe selten ein ganzes Spiel»

Kann man sich da gut abgrenzen?

Am Anfang war es sehr schwierig. Die Themen haben mich auch nebst der Arbeit beschäftigt. Jetzt geht es viel besser. Ich kann nach vier Jahren vieles besser einordnen.

Was genau ist Ihre Aufgabe an einem Spielabend im Stadion?

Ich sehe sehr selten ein ganzes Spiel. Meistens laufe ich umher. Treffe die Clubverantwortlichen und Fandelegierten. Begrüsse die Fans. Rede mit der Polizei, schaue wie es mit der Sicherheit läuft. Falls etwas vorfällt, kläre ich ab, was genau passiert ist und vermittle dann. Ich besuche auch das gegnerische Team, dabei treffe ich mich meistens mit den jeweiligen Fan-delegierten. Eigentlich geht es vor allem ums Vernetzen an solchen Abenden.

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