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«Wer Strassen sät, erntet Verkehr»

Seit vergangenem Jahr sollte eigentlich nur noch eine Million Lastwagen pro Jahr die Alpen überqueren. Diese Marke ist bereits gestern erreicht worden.

Südostschweiz
22.09.12 - 02:00 Uhr

Von Marc Melcher

Die Verantwortlichen der Alpen-initiative haben gestern auf dem Churer Arcasplatz «Silvester» gefeiert. Auch wenns für sie eigentlich gar keinen Grund zum Feiern gab.

2001 ist das Güterverkehrsverlagerungsgesetz in Kraft getreten. Das Gesetz soll das Ziel verfolgen, dass dereinst nur noch 650 000 Lastwagen pro Jahr die Alpen überqueren. Der Stichtag für dieses Ziel ist bereits mehrmals verschoben worden – erst von zehn auf 15 Jahre, dann auf 24 Jahre. Als Zwischenziel sah das Gesetz vor, dass ab 2011 höchstens eine Million Lastwagen pro Jahr die Alpen überquert. Zum zweiten Mal in Folge ist dieses Zwischenziel nicht erreicht worden. Gestern fuhr der millionste Lastwagen des Jahres über die Alpen.

«Unbequemer Volksauftrag»

Jon Pult, SP-Grossrat und Vorstand der Alpeninitiative, hat an der gestrigen Medienkonferenz seinem Unmut Luft gemacht: «Am 1. August kann jeder eine Rede über die ‘beste Demokratie der Welt’ halten. Wenn es aber darum geht, unbequeme Volksaufträge umzusetzen, tun sich viele schwer.»

Der neue Termin für das endgültige Ziel ist auf zwei Jahre nach der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels terminiert. Pult befürchtet, dass auch dieser Plan scheitern wird, «wenn Bern nicht endlich taugliche Schritte unternimmt». Eine wirksame Verlagerungspolitik verlange die Einführung der Alpentransitbörse und den Ausbau der Bahnzulaufstrecken zu den Basistunnels. Nur so könne überhaupt erreicht werden, dass die Neat dereinst ihr Ziel erreichen werde.

Zweite Röhre, mehr Verkehr?

Die Pläne für eine zweite Gotthardröhre kritisiert die Alpeninitiative scharf. «Längst ist absehbar, dass die EU und das Transportgewerbe Druck machen werden, damit alle vier Spuren für den Verkehr freigegeben werden.» Es sei nicht realistisch, dass eine zweite Röhre nicht voll benutzt werden, wenn sie tatsächlich gebaut würde. Der Bundesrat wolle die zweite Röhre «am Volk vorbeimogeln».

Auch GLP-Nationalrat Josias F. Gasser ist im Vorstand der Alpen-initiative. Er befürchtet ebenfalls, dass die zweite Röhre am Gotthard für mehr Verkehr sorgen werde: «Wer Strassen sät, erntet Verkehr.» Gasser gab sich aber auch hoffnungsvoll, dass die Ziele eines Tages doch erreicht werden: «2020 können wir vielleicht mit der Silvesterfeier bis zum 31. Dezember warten.»

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