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Mephistos Pudel zieht alle Register

Wissen ist Macht – und manchmal einfach auch unglaublich unterhaltsam! In unserer Serie «SOwas!» liefern wir euch regelmässig (un)nütze Erklärungen und Kuriositäten zum Staunen und Schmunzeln.

Südostschweiz
05.12.21 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Wer alle Register zieht, schöpft aus dem Vollen – ursprünglich in der Welt der Klänge.
Wer alle Register zieht, schöpft aus dem Vollen – ursprünglich in der Welt der Klänge.
Bild Pixabay

Es gibt Momente im Leben, da muss man einfach alles geben, alles Mögliche unternehmen, um ein Ziel zu erreichen, alle Chancen, die es gibt, nutzen, damit etwas gelingt – also nichts unversucht lassen – oder kurz: Es gibt Momente, da muss man einfach alle Register ziehen.

Ihren Ursprung hat die Redewendung «alle Register ziehen» nicht in der Schifffahrt, wo die Registertonne für eine veraltete Masseinheit steht, die den gesamten (Bruttoregistertonne) oder wirtschaftlich nutzbaren (Nettoregistertonne) Rauminhalt eines Schiffes bezeichnet. Es hat auch nichts mit den Registern einer Bibliothek zu tun – obwohl wir da, was den Bewegungsablauf betrifft, dem Pudels Kern schon etwas näherkommen: schliesslich werden die Registerschubladen in der Bibliothek in aller Regel auch aus dem Regal gezogen. Aber wie gesagt, auch dort hat «alle Register ziehen» seinen Ursprung nicht.

Das sprichwörtliche Bild der gezogenen Register stammt aus der Welt der Musik. Die ähnlich klingenden Pfeifengruppen einer Orgel bezeichnet man als Register. Um ein Register zu aktivieren, wird dessen Registerzug, in der Regel oberhalb oder seitlich der Orgeltasten, gezogen. Je mehr Register gezogen werden, desto voluminöser und reicher klingt die Orgel. Sind alle Register gezogen, kommt der volle Klangkörper der Orgel zum Zug. Mehr geht dann also nicht mehr.

Was? Welcher Pudel?

Jetzt mag sich der eine oder die andere Leserin während der Lektüre dieses Textes gefragt haben, woher der Ausdruck «des Pudels Kern» stammt. Wir haben also, mit der Beantwortung einer Frage, eine Neue aufs Tapet gebracht. Die wollen wir aber natürlich auch beantworten: «Des Pudels Kern» wird benutzt, wenn etwas ans Tageslicht kommt, das bis dahin nicht offensichtlich war. Es ist ein Zitat aus Goethes «Faust». In einer Szene des Buches beobachten die Hauptfigur und ihr Assistent einen schwarzen Pudel, der sich ungewöhnlich verhält. Er umkreist die beiden immer näher und «… zieht ein Feuerstrudel auf seinen Pfaden hintendrein». Als sich der Pudel später in Fausts Studierzimmer vor dessen Augen in Mephisto (den kennt das geneigte Radiopublikum spätestens aus Lo & Leducs «Jung verdammt» – allen anderen sei es hier kürzestmöglich umrissen: der Teufel) verwandelt, sagt Faust: «Das also war des Pudels Kern.»

Redewendungen sind oft Glückssache. Mit dem nun erworbenen Wissen könnt ihr demnächst in der Runde eurer Wahl mit etwas (un)nützem Wissen zu Musik, Literatur und Popkultur punkten. Viel Erfolg dabei. (dje)

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