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Traurige Erkenntnis

In der letzten Ausgabe der DZ unterbreitete die Redaktion der Leserschaft das nebenstehende Bild mit der Frage, worum es sich wohl handeln könnte. Sie hatte tatsächlich die richtige Antwort. Es ist allerdings keine schöne.

Barbara
Gassler
13.02.24 - 17:00 Uhr
Klima & Natur
So sieht das Auge einer völlig erblindeten Gämse aus.
So sieht das Auge einer völlig erblindeten Gämse aus.
zVg

«Ich habe erfahren, dass im Flüelatal in diesem Winter eine Gams mit Gamsblindheit vom Wildhüter erlegt werden musste. Tiere mit dieser Krankheit würden sich wohl öfters im Kreis drehen, da ihnen die Orientierung schwerfällt oder schlicht nicht mehr da ist. Von der Lokalität her könnte es also Sinn machen. Jedoch überlasse ich die Einschätzung gerne Experten», schreibt DZ-Leserin Ursi Styger auf unsere Frage. Ein weiterer Leser erkannte auch sofort, worum es geht: «Das war eine Gams mit der hochansteckende Augenerkrankung (Gamsblindheit). Auf Pischa derzeit leider ein grosses Problem, was dem Gamsbestand stark zusetzt. Sich von den Tieren fern halten, um noch mehr Stress zu vermeiden und den Wildhüter über Telefon 117 aufbieten.» Auch Matthias Gerber ist auf der richtigen Spur: «Ich würde mal auf eine schneeblinde Gams tippen.»

Mit diesen Aussgen liegen sie goldrichtig. «Es handelt sich ganz offensichtlich um die Spur einer an Gämsblindheit erkranken Gämse», lässt Wildhüter Thomas Fankhauser die DZ-Redaktion wissen. Man kenne diese spezielle Spur bereits ,und da sie im Mönchalptal in den Schnee gezeichnet worden waren, kümmerten sich die Klosterser Wildhüter darum. Will heissen, sie versuchten, das offenbar erblindete Tier zu finden und von seinem Leid zu erlösen. Leider ohne Erfolg. Wahrscheinlich ist, dass es bereits irgendwo zugrunde gegangen ist oder ­Opfer eines Beutegreifers wurde.

Hochansteckende Seuche

Bei der Gämsblindheit handelt sich um eine hochansteckende bakterielle Augenerkrankung. Sie kommt auch bei anderen Wiederkäuern vor, speziell bei Schafen. Es wird sogar vermutet, dass Schafherden das Reservoir für das die Erkrankung auslösende Mycoplasma conjunctiva darstellen. Erste Anzeichen einer Erkrankung sind gerötete Bindehäute und Augensekret. Später können Hornhauttrübungen bis zur Erblindung führen. Während erkrankte Nutztiere im heimischen Stall allerdings eine Behandlung erfahren, sind Wildtiere – auch Steinböcke können sich mit der Krankheit anstecken – auf sich selber gestellt. Finden sie eine geschützte Stelle, an der sie ruhen und fressen können, haben sie eine Chance, dass die Krankheit ausheilt. Anderenfalls irren sie vollständig oder teilweise erblindet umher. Dabei fangen sie an – wohl im Versuch, sich irgendwie zu orientieren – in Kreisen zu gehen und hinterlassen dabei die auf dem Foto sichtbaren, typischen Spuren. Und wenn sie nicht früher oder später abstürzen, brechen sie irgendwo erschöpft zusammen und verenden.

Überblick verschaffen

Im Bemühen, den Tieren ein solch qualvolles Ende zu ersparen, beobachtet die Wildhut sie. «Eine starke Gams kann mit der nötigen Ruhe die Krankheit überstehen», beschreibt Fankhauser die Herangehensweise. «Ist aber einmal der Punkt überschritten, dass das Tier völlig erblindet oder zu sehr geschwächt ist, müssen wir eingreifen.» Ziel der Massnahme ist aber auch, sich einen Überblick über die Verbreitung der Krankheit zu verschaffen. Denn sie tritt etwa alle acht bis zehn Jahre als Seuche auf und rafft dann bis zu einem Drittel des Gämsbestandes dahin. «Es sieht so aus, als sei es wieder soweit», erzählt Fankhauser. «Die Seuche scheint sich vom Engadin her kommend bei uns wieder auszubreiten.» Orientierungslos geworden, würden sie dann auch nahe zu den Siedlungen, Pisten und Verkehrwegen kommen. Daher ist die Wildhut froh um Meldung erkrankter Tiere oder ihrer typischen Spuren. «Jetzt im Hochwinter haben sie sehr wenig Chance, das Frühjahr zu erleben und wieder zu Kräften zu kommen.» Zwar stünde man in Davos noch am Anfang des Seuchenzugs, doch immer wieder tauchten Krankheitsfälle auf, erzählt der Wildhüter. «Diese völlig ausgezehrten Tiere mit ihren verklebten und eingefallenen Augen sind kein schöner Anblick.»

Meldungen sind zu richten an die Polizeinotfallnummer 117, die dann die zuständige Wildhut aufbietet.

Mit diesem Bild machte DZ-Leserin Käti Kessler auf die Seuche aufmerksam.
Mit diesem Bild machte DZ-Leserin Käti Kessler auf die Seuche aufmerksam.
zVg
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