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Noch hilft die Wetterlage

Zwei mächtige Gewitter brachten im Juli im Davoser Wald viele Bäume zum Umstürzen. Seither wurden Wanderwege und Strassen geräumt. Wichtig ist aber auch die Vorbeugung von Käferherden.

Barbara
Gassler
13.08.23 - 06:23 Uhr
Klima & Natur
Ausgewachsenes Exemplar eines Borkenkäfers.
Ausgewachsenes Exemplar eines Borkenkäfers.
Archiv SO

«In der Zügenschlucht wurden etwa 2500 Kubikmeter Holz umgeworfen», berichtet Markus Hubert, Leiter Forstdienst bei der Gemeinde, der DZ. «Weitere rund tausend Kubikmeter liegen verstreut ­herum.» Und genau diese, in kleinen Gruppen von einzeln liegenden oder angegriffenen Bäume machen ihm Sorgen. «Borkenkäfer – alleine bei uns gibt es ­etwa zehn Arten, und jede Baumart hat ihre eigene – gehören zum Ökosystem und in den Wald», sagt er zwar. Die Käfer und ihre Larven dienen als Futter für zahlreiche Vögel und andere Insekten. Vermehren sie sich jedoch explosionsartig – und genau das ist in der jetzigen Situation die Gefahr – können die natürlichen Fressfeinde nicht mehr mithalten, und es kommt zu einem übermassigen Befall. Dabei werden die vom Sturm ­gefällten oder geknickten Bäume für die Käfer im wahrsten Sinn des Wortes zu einem «gefundenen Fressen». «Bei solchermassen geschwächten Bäumen ­legen die Borkenkäfer ihre Eier unter die Borke, und die Larven fressen dann weitere Gänge unter der Rinde oder je nach Art auch ins Holz. Dies wird als Reifungsfrass bezeichnet und dauert circa sechs Wochen. Dann können sie je nach Witterung wieder ausschwärmen. Das befallene Holz wird dadurch entwertet oder minderwertig. Im schlimmsten Fall kann es nur noch als Brennholz verwendet werden.» Solange die Bäume stark seien, würden sie die Schadinsekten in Harz ­ertränken, die sturmgeschwächten Bäume hätten jedoch nicht mehr die Kraft dazu, erzählt Hubert weiter. «Erschwerend kommt hinzu, dass die Käfer bei einer erfolgreichen Besiedelung einen Lockstoff absondern und so Tausende ihrer Artgenossen anlocken.»

Einfach aber effektiv: In die Rinde geschnittene Streifen schützen vor Käferbefall.
Einfach aber effektiv: In die Rinde geschnittene Streifen schützen vor Käferbefall.

Buchdrucker und Kupferstecher

Im Landwassertal kennt man vor allem den Fichtenborkenkäfer. Er ist wegen der ausgedehnten Muster, die seine Larve unter der Rinde ins Holz frisst, auch als Buchdrucker bekannt. Um die Fraktion Wiesen herum kommt auch der Kupferstecher vor, der vorwiegend Astmaterial und Föhren befällt. Dieser ist in jedem Fall schwierig zu erkennen. Damit wird klar, warum Borkenkäfer nicht nur bezüglich der Holzqualität ein Problem sind. «In Schutzwäldern, wie es hierherum fast alles sind, können solchermassen ­geschädigte oder abgestorbene Bäume ihre Funktion nicht mehr erfüllen», sagt Hubert. «Bis anhin half uns das Wetter, denn die Käfer schwärmen nur bei warmer Witterung. Doch mit jedem Tag der vergeht, wird die Gefahr einer Massenvermehrung grösser.» In diesem Fall würde der Druck der Käfer auf die Bäume so gross, dass auch starke Exemplare sich nicht mehr genügend wehren können. Auf ganzen Bergflanken könnte der Wald so sehr geschwächt werden, dass eine Zwangsnutzung vorgenommen werden muss. «Abgesehen davon, dass anschliessend teuere Lawinenschutzmassnahmen umgesetzt werden müssen, tun wir das auch sonst nur sehr ungern», bekennt Hubert. «Wir Förster pflegen den Wald nicht nur, sondern gestalten ihn auch.» Dies, indem der eine Baum gefördert, der andere dagegen zurückgehalten wird. ­Allerdings kann nach Ereignissen wie im Juli nicht jeder geschwächte Baum aus dem Wald geholt werden. «Dann werden vertikale Schlitze in die Rinde gesägt. So werden einerseits die Fressgänge der Larven unterbrochen, und andererseits trocknet das Holz schneller aus. Beides mögen die Käfer nicht.»

Begrenztes Areal

Und was geschieht unterdessen in der Zügenschlucht? Besteht nicht auch da die Gefahr eines Borkenkäferbefalls? «Natürlich», bestätigt Hubert. «Während wir die Pläne ausarbeiten, wie die gefallenen Bäume am sichersten entfernt werden können, machen die Insekten auch vor diesem Hang nicht Halt.» Solange die Käfer nur das liegende Holz befallen würden, sei dies nicht so schlimm und sie würden dann gleichzeitig mit dem Holz aus dem Wald gebracht. Bei einem Befall der stehenden Bäume müsste jedoch rasch gehandelt werden. Pestizide kommen aber auch hier nicht zum Einsatz. «Befallene Bäume werden entfernt, wozu wir auf verschiedene Helikoptereinsätze angewiesen sein werden.»

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