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Einsame Spitze

In den letzten Jahren wurde bereits viel in die Marienkirche investiert. Diesen Sommer gehen die Sanierungsarbeiten weiter, und unter anderem ist nun auch das Herzstück des Sakralbaus an der Reihe: der Turm. In diesem Zusammenhang wird demnächst auch ein kleines Geheimnis gelüftet.

Andri
Dürst
16.06.23 - 11:05 Uhr
Menschen & Schicksale
Der Turm der Marienkirche ist derzeit komplett eingerüstet.
Der Turm der Marienkirche ist derzeit komplett eingerüstet.
ad

2021 war ein wichtiges Jahr für die katholische Kirchgemeinde in Davos: Nicht nur wurde die Marienkirche erstmals nach 1978/79 umfassend saniert, sondern sie erhielt auch zwei neue Glocken. Nun dürfte auch 2023 zu einem speziellen Jahr werden. Denn dieses Jahr ist neben der Sanierung der Kirchenschiff-Fassade auch die Renovation des rund 60 Meter hohen Turmes, welcher derzeit komplett eingerüstet ist, im Gange.

Eine sehr aussergewöhnliche Arbeit

Die «grösste Geschichte» hierbei ist gemäss Michael Segessenmann, Leiter des Sekretariats, der Ersatz des Daches. Derzeit laufe noch der Abbruch der alten Kupfer-Schindeln. Diese sollen wieder mit baugleichen Exemplaren ersetzt werden. Zuständig hierfür ist der einheimische Dachdecker Livio Minelli mit seinem Team. «Für mich ist es eine grosse Ehre und eine Herzensangelegenheit, diese Arbeiten ausführen zu dürfen.» Vorausgegangen sind den Arbeiten auf dem Turm aber unzählige Stunden in der Werkstatt, denn Minelli fertigte während rund drei Monaten alle Schindeln selber an – denn der gewünschte Typ ist nicht auf dem Markt erhältlich, wurde aber in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege so abgesprochen. Angesprochen auf die grösste Herausforderung erklärt Minelli, dass nicht einmal die Höhe an sich ein Problem sei – «das sind meine Jungs gewohnt». Doch die starken Winde, die oben am Turm wehen können, würden ihnen die Arbeit oftmals erschweren.

Erste Komplettsanierung seit Bau

Wo die alten Schindeln bereits entfernt wurden, wird eine Folie auf die Holzkonstruktion montiert – zur besseren Isolation und auch als provisorischer Regenschutz. Da und dort müssen auch morsche Latten ersetzt werden. Denn am Turm wurde seit seinem Bau 1896 kaum mehr etwas gemacht. Entsprechend gespannt war man auch, was man im oberen Bereich des Turmhelmes vorfinden wird. Denn dieser ist durch das Innere nicht erreichbar. Wenig verwunderlich stiess man auf einige Vogelbehausungen – in solch alten Gebäuden keine Seltenheit. Doch noch spannender dürfte werden, was sich in der Kugel, die an der Turmspitze befestigt ist, befindet. Traditionell werden in solchen «Zeitkapseln» Zeugnisse aus der jeweiligen Zeit des Baus oder Umbaus eingepackt – so geschehen auch beim Turm der Kirche St. Johann, welcher 2003 saniert wurde. Das Geheimnis um die Kugel der Marienkirche wird nun am Sonntag an einem grossen Kirchenfest gelüftet (siehe unten). Übrigens soll die Kugel, wie auch die darauf angebrachten Ornamente wie Kreuz und Hahn, saniert werden. «Die Kugel war ursprünglich vergoldet. Nach dem Sturm Lothar in den 90er-Jahren musste man sie aber sanieren. Seither ist sie farblich ziemlich verblasst», erklärt Segessenmann.

Früher wurden die Schindeln direkt auf die Holzkonstruktion genagelt. Neu kommt noch eine Folie dazwischen (siehe links).
Früher wurden die Schindeln direkt auf die Holzkonstruktion genagelt. Neu kommt noch eine Folie dazwischen (siehe links).
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Ein abgerundetes Gesamtbild

Doch nicht nur am Dach, auch am Gemäuer des Turmes finden noch diverse Arbeiten statt. So wird beispielsweise das Loch, welches für die neuen Glocken herausgebrochen werden musste, zu einem «Fenster» umgestaltet und mit Holzlamellen versehen – damit der Klang auch gut hörbar ist. Des Weiteren wird die Fassade neu gestrichen und wo möglich alte Metallbleche entfernt, um die darunterliegenden Natursteine wieder zum Vorschein zu bringen. So dürfte die Marienkirche bald wieder in einem neuen Glanz, der aber an historische Wurzeln anknüpft, erscheinen.

Nachdem der Turmaufbau per Helikopter zur Pfarrwiese geflogen worden war, versuchten sich einige Kirchgemeindemitglieder im Anheben des metallenen Ungetüms.
Nachdem der Turmaufbau per Helikopter zur Pfarrwiese geflogen worden war, versuchten sich einige Kirchgemeindemitglieder im Anheben des metallenen Ungetüms.
bg

Kirchenmusik der Extraklasse
Am Sonntag, 18. Juni, feiert die katholische Kirche Davos um 10 Uhr in der Marienkirche das feierliche Fronleichnamsfest mit anschliessendem Mittagessen auf der Pfarrwiese.

Als musikalischer Leckerbissen singen bei der Festmesse die vereinigten Kirchenchöre aus Buochs (NW) und Davos mit einem Stimmvolumen von über 50 Chorsängern die «Orchestermesse Joannis de deo in B» des Komponisten Joseph Hayden. Sie ist wegen der Einfacheit der musikalischen Mittel unter seinen am häufigsten aufgeführten Kirchen­werke. Gleichzeitig besitzt das Stück eine hohe melodische Ausdruckskraft. Das bekannte Sopransolo wird dabei von der Churerin Alexandra Petretti dargeboten.
Bei der Festmesse predigt der Pfarrer von Buochs, Domherr Josef Zwyssig. Hauptzelebrant ist Dekan Kurt Susak. Vikar Ernst Niederberger wird zur Prozession zum ersten Mal das Allerheiligste in der Monstranz zum Altar beim Bubenbrunnenplatz tragen, wo – begleitet von Schweizer Gardisten, den Erstkommunionskindern, Firmlingen und zahlreichen Ministranten, Gemeindemitgliedern und Gästen – um Frieden in der Welt und Gottes Segen gebetet wird.
Beim anschliessenden Gemeindefest auf der Pfarrwiese gibt es ein Mittagessen für die ganze Familie zu familienfreundlichen Preisen, ein buntes Kinderprogramm organisiert durch die Pfarrei­jugend, sowie ein reichhaltiges Kaffee und Kuchenbuffet. Als geschichtliches Highlight wird gegen 13.30 Uhr die Zeitkapsel aus der Turmkugel geöffnet, und alle können die darin befindlichen Dokumente und Münzen bestaunen. (e)

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