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Kanton krebst zurück: Gemeinden dürften sich freuen

Die Botschaft für das über 40 Jahre alte Gemeindegesetz liegt nun auf dem Tisch. Der Kanton hat nach der Vernehmlassung einige Anpassungen vorgenommen.

16.08.17 - 17:43 Uhr
Politik
Die Botschaft hat 226 Seiten und sollte voraussichtlich im Herbst im Parlament diskutiert werden.
Die Botschaft hat 226 Seiten und sollte voraussichtlich im Herbst im Parlament diskutiert werden.
SÜDOSTSCHWEIZ

Es ist eine alte Dame – das Bündner Gemeindegesetz. Das aktuell geltende Dokument ist am 1. Juli 1974 in Kraft getreten und damit 43 Jahre alt. Am Mittwoch hat der Kanton Graubünden die Botschaft für das neue Gesetz veröffentlicht. Dabei zeigt sich, dass der Kanton im Gegensatz zum Entwurf in einigen kontroversen Punkten zurückgekrebst ist.

Hauptstadt erleichtert

Im Entwurf war beispielsweise vorgesehen, dass es keine dreiköpfigen Regierungsgremien mehr geben soll. Der Kanton wollte damit die Beschlussfähigkeit stärken. Sollte in einem Dreiergremium einer in den Ausstand treten, sei diese nämlich gefährdet. Zudem würde eine solch kleine Anzahl an Vorstandsmitgliedern die Parteienvielfalt nicht wiederspiegeln.

Nun scheint der Kanton diese Gefahr nicht mehr als so dringlich zu sehen. Der Vorschlag wurde aus der Botschaft gekippt. Die zuständige Regierungsrätin Barbara Janom Steiner sieht die Problematik nach wie vor. Allerdings habe die Vernehmlassung gezeigt, dass für die Aufstockung keine Mehrheit zu finden sein werde. Die bisherige Praxis habe gezeigt, dass es auch so funktioniere.

Erfreut über diese Anpassung zeigte sich der zuständige Churer Stadtrat Tom Leibundgut auf Anfrage von Radio Südostschweiz. «Es ist sicher der richtige Entscheid», betont Leibundgut. Die letzten Jahrzehnte hätten gezeigt, dass es in der Hauptstadt so funktioniere. Der Vorteil sei, dass die drei Stadträte zu 100 Prozent angestellt seien und nicht etwa in einem Teilpensum. Damit verhindere man zusätzliche Schnittstellen, welche alles verkomplizieren würden. Chur mit seinen drei Stadträten hätte gemäss der Entwurfsregelung ansonsten mindestens zwei neue Mitglieder gebraucht.

Versammlungen weiterhin zulässig

Auch sonst hat die Regierung in einigen Punkten einen «Rückzieher» gemacht. Ursprünglich sollten Parlamentsgemeinden nebst Urnenabstimmungen keine Gemeindeversammlungen mehr durchführen können. In einer Mitteilung des Kantons wird nun explizit darauf hingewiesen, dass dies weiterhin zulässig sein soll.

Auch in Sachen Einfluss auf Fusionsverhandlungen ist die Regierung von ihrem ursprünglichen Plan abgewichen. Der Kanton soll demnach doch nicht aktiv Fusionsverhandlungen vorantreiben können. Auch hier habe die Vernehmlassung gezeigt, dass dies nicht gewünscht sei, erklärte Janom weiter.

Alles öffnen

Die Botschaft soll voraussichtlich im Oktober beraten werden. Dabei dürfte jedoch ein Punkt dennoch für Diskussionen sorgen. So will der Kanton, dass alle Gemeindeversammlungen öffentlich zugänglich werden. Damit dürften nicht nur Stimmberechtigte, sondern alle Interessieren grundsätzlich einer Versammlung beiwohnen.

Auch die Regierungsrätin sieht hier Diskussionsstoff, schliesslich sei man hier nicht auf die Vernehmlassung eingegangen. Die Regierung sei der Meinung, dass es wichtig ist, dass Zweitwohnungsbesitzer oder auch Medienschaffende Zugang zu den Parlaments- und Gemeindeversammlungen hätten. Das Informationsbedürfnis dieser beiden Gruppierungen sei steigend.

In der Vergangenheit hatten Gemeinden ab und an Journalisten bei heiklen Themen von Gemeindeversammlungen ausgeschlossen. Sie fürchteten um die unbefangene Meinungsäusserung ihrer Stimmbürger. Janom vermutet, dass der Grosse Rat gegenüber dieser Änderung kritisch bleiben wird. Bereits letzten Herbst beim Öffentlichkeitsgesetz wollte das Parlament keine Ausweitung auf die Gemeinden. Dies dürfte auch hier der Fall sein, so Janom.

Ziel des neuen Gesetzes ist ein grösserer Gestaltungsspielraum für die Bündner Gemeinden und die Wahrung der grösstmöglichen Gemeindeautonomie. Deshalb habe man einige der Punkte, welche in der Vernehmlassung als einschneidend betrachtet wurden, wieder aus der Botschaft gestrichen, so die Regierungsrätin abschliessend. Falls alles nach Plan läuft, wird das neue Gesetz im Juli 2018 in Kraft gesetzt. 

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