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Abschiedssession für das halbe Parlament

Bis am Donnerstag tagt das Bündner Kantonsparlament in Chur. Für beinahe die Hälfte der Mitglieder ist es die letzte Session. Und da geht es nochmals um viel Geld und heisse Themen.

Philipp
Wyss
13.06.22 - 18:25 Uhr
Politik
Die Junisession des Grossen Rates findet von Montag bis Donnerstag im Grossratsgebäude in Chur statt.
Die Junisession des Grossen Rates findet von Montag bis Donnerstag im Grossratsgebäude in Chur statt.
Bild Livia Mauerhofer

Ticker

Am ersten Tag der Junisession hat der Grosse Rat:

  • Die Session mit der Ansprache von Standespräsidentin Aita Zanetti eröffnet.
  • Den Geschäftsbericht und die Jahresrechnung 2021 beraten.

Die Session wird am Dienstag ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Debatten sind öffentlich. Wie bei jeder Session tickern wir auch von der Junisession für euch.

Nach dem Eintreten in den Feierabend

Der erste Tag der Junisession ist zu Ende. Nach der Eintrettensdebatte zu Geschäftsbericht und Jahresrechnung 2021 des Kantons Graubünden entlässt Standesvizepräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos) die Mitglieder des Bündner Parlaments in den Feierabend. Am Dienstagmorgen wird die Diskussion um die Rechnung fortgesetzt. Zur Erinnerung: Die im März von Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP, Rhäzüns) präsentierte Kantonsrechnung 2021 weist im Gesamtergebnis einen Ertragsüberschuss von 134,3 Millionen Franken (Vorjahr +81,9 Millionen Franken) aus. Das operative Plus beträgt 139,4 Millionen Franken (Vorjahr +78,8 Millionen Franken).

Alp Aufzug😊

Posted by Walter Grass on Saturday, June 11, 2022

Kommen jetzt die «harten Zeiten»?

Weiter geht es mit der Debatte über Geschäftsbericht und Jahresrechnung 2021 des Kantons. Der Bündner Ertragsüberschuss fiel mit 134,3 Millionen Franken höher aus als im Rechnungsjahr 2020 (81 Millionen Franken). Grosse Auswirkungen auf dieses gemäss einer Kantonsmitteilung «erfreuliche» Ergebnis hatten im Frühjahr viele Dinge, die der Kanton nicht selber beeinflussen konnte. So die Gewinnausschüttung der Nationalbank von 93 Millionen Franken oder Buchgewinne auf Finanzanlagen von 73 Millionen Franken. Hinzu kamen unerwartet hohe Steuererträge von 819 Millionen Franken (Vorjahr 836 Millionen Franken).

Grossrätin Vera Stiffler (FDP, Chur) warnt davor, in den aktuell unsicheren Zeiten vorhandenes leichtfertig Geld auszugeben. Um als Kanton attraktiv zu bleiben, werde die FDP in der Budgetdebatte im Dezember voraussichtlich dennoch Steuersenkungen fordern. Und Grossrätin Beatrice Baselgia-Brunner (SP, Domat/Ems) zeigt auf, dass auch im vergangenen Jahr wiederum nur knapp 70 Prozent der budgetierten Nettoinvestitionen ausgeschöpft worden sind. Neu liege der Selbstfinanzierungsgrad bei sagenhaften 175 Prozent, was auch laut der Regierung deutlich über dem Ziel von 80 Prozent liegt, so Baselgia-Brunner. Auch Grossrat Heinz Dürler (SVP, Maienfeld) stört sich daran, dass im Rechnungsjahr nicht genügend Investitionen getätigt wurden. So werden sich die SVP-Fraktion in naher Zukunft ebenfalls für Steuersenkungen einsetzen. Und Grossrat Martin Betignallio (Mitte, Serneus) befürchtet, dass ob den vorhandenen Mittel auch die Begehrlichkeiten wachsen werden. Wie die FDP und die SVP spricht sich auch die Mitte für steuerliche Entlastungen aus.

Einsatzfähigkeit am Geländesuchkurs GS ARS 2022 am Berninapass erfolgreich bestätigt. Bravo Baya, guat gmacht! So weiter 😀

Posted by Duosch Fadri Felix on Sunday, June 12, 2022

Halb so viel wie in andern Kantonen

Die Debatte geht weiter. Grossrat Oliver Hohl (FDP, Chur) spricht nach der Pause als erster zum Fraktionsauftrag betreffend Stellenschaffungsstopp in der kantonalen Verwaltung. Als ehemaliges BDP-Mitglied fühlt sich Hohl mit der heutigen Mitte verbunden, wie er sagt. Er möchte wissen, wo genau Einsparungen gemacht werden können. Grossrat Conradin Caviezel (SP, Chur) äussert sich kritisch, weil der Grosse Rat auf der einer Seite neue Aufgaben beschliesst (Stichworte Green Deal, Cyber-Kriminalität oder Pandemie), auf der anderen Seite aber die Ausgaben bei den Löhnen plafoniert. Grossrat Bruno W. Claus (FDP, Chur) zeigt sich, ob den Antworten der Regierung zufrieden, merkt aber an, dass bei Beschlüssen mit grösseren Auswirkungen das Thema Löhne künftig genauer angeschaut werden muss. «Wenn 500'000 Franken für zwei Personen und ein Konzept ausgegeben werden, dann müssen wir in Zukunft besser hinschauen», so Claus. «Wir können nicht alle Aufgaben dem Staat überlassen.»

Die Mitte-Fraktion möchte mit dem Fraktionsauftrag der damaligen BDP betreffend Stellenschaffungsstopp aus dem Jahre 2020 von der Regierung einen Vorschlag, wie ein Stellenschaffungstopp bis Ende 2024 umgesetzt werden kann und weiter aufgezeigt bekommen, wie neue Stellen innerhalb der Verwaltung und innerhalb des anvisierten Zeithorizonts durch Stellenumwandlungen oder natürliche Fluktuationen kompensiert werden können.

Nun spricht Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP, Rhäzüns): «Ich kenne keinen anderen Kanton, der in diesem Thema so streng Einfluss auf die Regierung nimmt», so der Finanzdirektor. Im Kanton Graubünden betragen die Personalkosten in Bezug zu den Gesamtausgaben 15 Prozent. Der interkantonale Schnitt liegt laut Rathgeb bei 30 Prozent. «Wir können aus dem Benchmark nicht sagen, wir haben eine Schieflage», so Rathgeb. Allerdings, so Rathgeb, können nicht sämtliche Kantone mit Graubünden verglichen werden, weil die Arbeitsabgrenzungen zwischen Kantonen und Gemeinden nicht überall gleich sind. «Wenn aber beispielsweise an einer Sitzung zu viele Leute teilnehmen, dann teilen Sie uns das bitte mit», so Rathgeb. Weiter spricht er über externe Kosten von Gutachtern oder Übersetzern, die mit internen Kapazitäten nicht bewältigt werden können. «Es ist richtig, dass wir das anschauen. Aber Sie können keinen Stellenstopp verfügen für Dinge, die wir liefern müssen, weil wir per Gesetz dazu verpflichtet sind, so Rathgeb. Und dann sagt Rathgeb: «Das effizienteste, um Lohnkosten zu sparen, wäre, wenn Sie uns während vier Jahren keine Aufträge erteilen würden. Aber das geht natürlich auch nicht.» Graubünden kann laut dem abtretenden Finanzdirektor aktuell ein Drittel der Stellen schaffen, die es momentan benötigt. «Das wird in Bezug auf die Aufgabenerfüllung nicht ohne Auswirkungen bleiben.»

Und Rathgeb macht ein Beispiel von Umschichtungen: Mit der Einführung von neuen Geschwindigkeitsmessgeräten wechselte bei der Kantonspolizei Graubünden Personal in den Bereich Cyber-Crime. Und dann schliesst Rathgeb mit einer bevorstehenden «Herkulesaufgabe»: In den kommenden 15 Jahren müssen 50 Prozent aller Stellen der kantonalen Verwaltung ersetzt werden. Aktuell hat der Kanton Graubünden 1200 Stellenprofile.

Nach einer längeren Debatte stimmt das Parlament dem Antrag mit 104:0 Stimmen zu.

Erste Pause in Chur

Inzwischen hat die Debatte Fahrt aufgenommen. Dennoch entlässt Standesvizepräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos) das Parlament in die erste Pause der Junisession.

Auch wir stärken uns kurz und sind um 16.30 zurück.

Ein ♥️-liches Dankeschön der Bürgergemeinde Chur🌹🌹🌹

Posted by Tina Gartmann-Albin on Monday, June 13, 2022

Stellenstopp in der kantonalen Verwaltung

Noch vor der ersten Pause geht es um einen Fraktionsauftrag der früheren BDP aus dem Jahr 2020 betreffend Stellenschaffungsstopp. Gemäss dem finanzpolitischen Richtwert Nr. 6 darf die budgetierte Gesamtlohnsumme der kantonalen Verwaltung im Jahresdurchschnitt real um höchstens ein Prozent zunehmen. Davon ausgenommen sind Personalressourcen, soweit die Kosten durch Beiträge Dritter finanziert werden.

Neue Stellen werden und wurden, so heisst es im Auftrag, oftmals mit der Umsetzung von Entwicklungsschwerpunkten begründet. Mit der Umsetzung von Entwicklungsschwerpunkten werden nach Ansicht der BDP-Fraktion jedoch auch Personalressourcen wieder frei. Die BDP fordert, dass diese Personalressourcen für neue Aufgaben eingesetzt werden. Dazu verweist sie auf optimierte Abläufe aufgrund der Digitalisierung sowie auf den Umzug ins Verwaltungsgebäude Sinergia in Chur, die zu einer Effizienzsteigerung geführt haben sollte.

Ziel des Auftrages ist es, die Schaffung zusätzlicher Stellen bis 2024 zu verhindern, ohne Lohnbudgets oder Lohnentwicklungen für bestehende Mitarbeitende zu verhindern.

Die Debatte läuft

Aktuell läuft die Debatte über Geschäftsbericht und Jahresrechnung 2021 des Kantons Graubünden. Es werden Anmerkungen und auch Kritik geäussert. Inzwischen hat der Rat die Erfolgskontrolle des Jahres 2021 zu Kenntnis genommen.

Schön (und heiss☀️☀️) war's Bündner-Glarner Schwingfest 2022 in Untervaz. Das OK unter der Leitung von Hans Geisseler leistete ganze Arbeit. Herzliche Gratulation

Posted by Marcus Caduff on Sunday, June 12, 2022

Aufgaben- und Leistungsüberprüfung läuft

Im Herbst sollte eine erste Gesamtübersicht «Aufgaben- und Leistungsüberprüfung» vorliegen, sagt Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP, Rhäzüns). «Wir sind derzeit voll in diesem Prozess, was mit einem entsprechenden Aufwand verbunden ist», so Rathgeb. Aufgrund der Pandemie wurde diese Überprüfung zwischenzeitlich zurückgestellt, so der Finanzdirektor.

Ausgehend von einem Auftrag von Rudolf Kunz (FDP, Chur) wurde diese Aufgaben- und Leistungsüberprüfung im Jahr 2015 gefordert. Die letzte detaillierte Aufgaben- und Leistungsüberprüfung erfolgte gestützt auf die Kantonsverfassung im Jahr 2010. Der zeitliche Ablauf und die Konzeption für die neuerliche Prüfung wurden 2019 festgelegt. Mit der Überprüfung sollen Strukturvorschläge über alle Departemente und Aufgaben erarbeitet werden.

Jetzt gehts um Millionen

Für die Beratung von Geschäftsbericht und Jahresrechnung 2021 des Kantons Graubünden übergibt Standespräsidentin Aita Zanetti (Mitte, Suot Tasna) das Wort an Standesvizepräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos). Die Rechnung weist im Gesamtergebnis einen Ertragsüberschuss von 134,3 Millionen Franken (Vorjahr +81,9 Millionen Franken) aus. Das operative Plus liegt mit 139,4 Millionen Franken (Vorjahr +78,8 Millionen Franken) etwas höher.

Kommissionspräsident Michael Maurizio (FDP, Castasegna) erläutert einzelne Punkte aus der Rechnung. Der Grosse Rat hat in der Februarsession den Bericht über den Finanzplan zu Kenntnis genommen. Der Finanzplan wird alle vier Jahre zusammen mit dem Regierungsprogramm erstellt. Der Grosse Rat legt alle vier Jahre unter Beachtung der Haushaltsgrundsätze finanzpolitische Richtwerte für die Erstellung der Budgets fest. 

 

Zum sechsten und letzten Mal

Die Junisession wird eröffnet. Standespräsidentin Aita Zanetti (Mitte, Suot Tasna) hält ihre sechste und letzte Eröffnungsrede. Es geht um Abschied und Aufbruch. «Ende August wird das neue Parlament im Grossratssaal Platz nehmen.» Sie werden die selbe Verantwortung tragen wie wir und die Gesprächskultur im Bündner Parlament bestimmen, so Zanetti. Die gewachsenen Strukturen des Kantons Graubünden müssen sich anpassen und Stabilität garantieren. Nur weil es immer so war, wird es nicht immer so bleiben, sagt die höchste Bündnerin zu Beginn der Junisession.

Mein Nachfolger wird andere Werte in das Parlament bringen. Alle, die in diesem Haus wohnen, sollten sich hier wohlfühlen. Wer sich wohl fühlt, kann sich entwickeln. Innovation verändert das Haus. Manchmal bedarf es kleinen Anpassungen. Manchmal muss aber auch etwas abgerissen werden, damit Neues entstehen kann. «Wenn wir erreichen, dass sich auch Gäste in unserem Haus wohlfühlen, dann haben wir ein lebendiges Haus, das auf gegenseitigem Respekt beruht», so Zanetti. 

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

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