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Nach guter Wahl eine gute Saison

Am Samstag ist die Saison für den HC Davos mit einer 0:3-Niederlage im siebten Viertelfinalspiel in Lausanne zu Ende gegangen. Die vielen Verletzten und das zu dünne Kader erwiesen sich im Playoff als zu grosses Handicap.

Davoser
Zeitung
04.04.24 - 07:00 Uhr
Eishockey
Sandro Aeschlimann trumpfte im HCD-Tor gross auf. 
Sandro Aeschlimann trumpfte im HCD-Tor gross auf. 
Jürgen Staiger
Dennoch überwiegen im ersten Jahr unter Headcoach Josh Holden mit dem Spengler-Cup-Sieg und der direkten Playoff-Qualifikation die positiven Aspekte deutlich.

Die Verpflichtung von Josh Holden war vor einem Jahr ein mutiger Entscheid der HCD-Führung. Er wies zwar wertvolle Lehrjahre bei Dan Tangnes beim EV Zug als Referenz auf, übernahm in Davos jedoch erstmals die Verantwortung als Headcoach. Holden war früher ein sehr guter Spieler, aber auch ein Hitzkopf und Provokateur. In seiner neuen Rolle erwies er sich als gewiefter Taktiker und überlegter, ruhiger Coach an der Bande. Beim HCD implementierte Holden gemeinsam mit seinem Trainerstaff seiner neuen Mannschaft in minuziöser Arbeit sein attraktives Eishockey: Basierend auf einer kompakten Defensive ein schnelles Offensivspiel, in welchem die Stürmer je nach Situation kreieren oder tief gehen.

Ab Weihnachten im Hoch

Das «Holden-Hockey» benötigte logischerweise eine Angewöhnungszeit. In den ersten Meisterschaftswochen setzte es mehrere, meist knappe Niederlagen ab. Ab Weihnachten sass das Spielsystem. Der HCD triumphierte erstmals seit zwölf Jahren wieder am Spengler Cup. Im Januar und Februar gewann er die meisten seiner engen Spiele und neun der letzten elf Partien in der «Regular Season». Das war nötig, um mit der direkten Playoff-Qualifikation das von der Clubleitung formulierte Saisonziel zu verwirklichen. Es hatte allerdings auch zur Folge, dass die Schlüsselspieler in diversen Begegnungen forciert wurden, um die Punkte heimzubringen

Der logische Substanzverlust offenbarte sich in den Playoffs. Erschwerend gesellte sich beispielloses Verletzungspech hinzu. In mehreren Partien fehlten bis zu acht Stammspieler. Gleichwohl lieferte der HCD dem Lausanne HC eine begeisternde, kampfbetonte Serie auf Augenhöhe. Letztendlich fehlte jedoch die Kraft, um mit dem dünnen verbliebenen Kader trotz zwei Auswärtssiegen und einer 3:2-Führung in der Serie den Vorstoss in den Halbfinal zu schaffen. Bezüglich Einsatz und Kampfgeist brauchten sich die Davoser nie etwas vorzuwerfen. Sie taten und versuchten alles. Im letzten Spiel schossen sie am Ostersamstag im letzten Drittel noch 17 Mal auf das Lausanner Tor.

Sandro Aeschlimann überragend

Den grossartigen Rückhalt in der gelungenen HCD-Saison bildete Torhüter Sandro Aeschlimann. Der 29-Jährige glänzte mit konstanten Leistungen auf höchstem Niveau. Seine Savety-Quoten sprechen für sich: 92,98 Prozent in der Qualifikation und 93,03 Prozent in den Playoffs. Dazu feierte er sieben «Shutouts», ligaweit am meisten. Klas Dahlbeck entpuppte sich als einer der komplettesten Abwehrspieler in der National League – hart und kompromisslos in der Defensive, mit einem guten Auge für die Angriffsauslösung und selbst als Skorer. Neuzuzug Kristian Näkyvä stand dem Schweden nicht viel nach, nachdem sich der Finne an das Schweizer Eishockey gewöhnt hatte. Dominik Egli verzeichnete eine ausgezeichnete zweite Saisonhälfte. Der Verteidiger mit der höchsten Eiszeit und dem ausgeprägten Offensivinstinkt wird beim HCD eine grosse Lücke hinterlassen. Egli verwirklicht sich mit dem Wechsel nach Schweden, wohl zu Frölunda, einen Traum. Stets Verlass war in der ­Davoser Abwehr auch auf Sven Jung.

Valentin Nussbaumer als Entdeckung 

Die Entdeckung bildete Valentin Nussbaumer. Dem Stürmertalent, das 2019 von den Arizona Coyotes im NHL-Draft gezogen wurde, ging der Knopf auf. Der 23-Jährige war mit 21 Treffern und 16 Assists in der Qualifikation hinter seinem Linienpartner, der «Tormaschine» Matej Stransky (22 Tore/19 Assists), zweitbester und im Playoff bis zu seinem Ausfall im sechsten Spiel gar bester Davoser Skorer (je drei Tore und Assists). Die Schweden Joakim Nordström und Spengler-Cup-Topskorer Dennis Rasmussen gefielen als komplette Zweiwegstürmer mit Torinstinkt. Ihr Landsmann Leon Bristedt fiel als bester Penaltyschütze auf. Enzo Corvi konnte nach einem verletzungsbedingt verpatzten Sommer seine grossen Spielmacherqualitäten erst ab Weihnachten ausspielen. Captain Andres Ambühl war auch mit 40 Jahren mit seinem leidenschaftlichen Einsatz, aber auch mit seinen spielerischen Qualitäten, noch immer ein Reisser und Vorbild. Einen auffallenden Schritt nach vorne tat zudem Center Chris Egli.

Den HCD verlassen werden Torhüter Gilles Senn (Ambri), Dominik Egli (Frölunda/Swe) und Rasmussen (Växjö/Swe), weiter wohl auch Tim Minder (Ajoie?) und Gian-Marco Hammerer. Offen ist, was mit Marc Wieser sowie den langzeitverletzten Noah Schneeberger und Raffael Prassl geschieht. Alle drei haben auslaufende Verträge.

Sechs oder sieben Ausländer?

Als Neuzuzüge hat der HCD bereits Torhüter Luca Hollenstein, Verteidiger Nico Gross (beide Zug) sowie Stürmer Tino Kessler, der von Biel nach Davos zurückkehrt, verpflichtet. Weitere Zuzüge müssen eigentlich folgen, weil sich das Kader in dieser Saison als (zu) schmal erwiesen hat. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob Davos die nächste Spielzeit gleich schon mit sieben Ausländern beginnen sollte, von denen in jedem Meisterschaftsspiel sechs eingesetzt werden dürfen. In dieser Saison benötigte der HCD letztendlich inklusive Tomas Jurco und Aleksi Mustonen acht Ausländerlizenzen. Dahlbeck, Nordström und Stransky haben weiterlaufende Verträge. Näkyvä besitzt eine Option. Laut noch unbestätigten schwedischen Medienberichten sollen der Schwede Simon Ryfors und der Kanadier Adam Tambellini, beide Stürmer, vom aktuellen schwedischen Playoff-Halbfinalisten Rögle nach Davos wechseln. Eine Überlegung ist es bei den Clubverantwortlichen vielleicht wert, Bristedt weiter zu behalten. Der Schwede liess in den letzten Wochen seine Torgefährlichkeit immer mehr aufblitzen und war zuletzt mit vier Treffern und zwei Assists Playoff-Topskorer des HCD.

Hansruedi Camenisch

Valentin Nussbaumer blühte richtig auf. 
Valentin Nussbaumer blühte richtig auf. 
Jürgen Staiger
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