×

«Klar sind wir enttäuscht, dass sie das Finale verpasst hat»

Vier Wahlgänge und zwei fehlende Stimmen haben gestern die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter zur grossen Verliererin in Bundesbern gemacht. Die Betroffenheit ihrer Ostschweizer Fans ist gross.

Südostschweiz
23.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Brigitte Tiefenauer

Bern. – «Karin Keller-Sutter: 74 Stimmen.» Ein Raunen geht durch den Nationalratssaal – für die anwesenden Ostschweizer ist die Meldung eine bittere Enttäuschung – denn zwei fehlende Stimmen bedeuten das Aus für den Traum der St. Galler Justizministerin.Am Morgen, im Intercity von Zürich nach Bern, ist die Welt noch in Ordnung. Karin Keller-Sutters ganz privater Begleittross, bestehend aus ihren drei älteren Brüdern Walter, Bernhard und Rolf – Letzterer ist samt Ehefrau Maria, der Tochter Flavia und den Söhnen Silvan und Oliver dabei – sowie Karin Keller-Sutters Ehemann Morten Keller. Man wolle Karin die Ehre erweisen, meinen alle unisono. «Egal, wie die Wahl endet, heute ist ein historischer Tag. Wir nehmen ihn sportlich.»

Einen Termin vor dem Fernseher

Sportlich auf ihre Art nimmts auch Keller-Sutters Mama Rosa Sutter in Wil (St. Gallen). Ihr Atem sei zu kurz für die Reise nach Bern, sagt sie gegenüber der «Südostschweiz», aber pünktlich um 8 Uhr habe sie natürlich einen Termin vor dem Fernseher. Die 83-Jährige hat den Wahlkampf ihrer Tochter minutiös mitverfolgt und weiss bestens Bescheid über die guten und die schlechten Karten ihrer Jüngsten: «Karin hat eine klare Linie und schon viel geleistet», sagt sie. Aber vielleicht sei ihre Tochter gerade deswegen zu «eisern» für «die da oben in Bern». Wie immer, sie bete, «dass der liebe Gott es kommen lasse, wie es muss».Und prompt folgt das bittere Ende für Karin Keller-Sutter, just zu Mittag ist es da. Nach dem ersten Schrecken steckt eine Politgruppe aus St. Gallen – Regierungsmänner und Vertreter der FDP – die Köpfe zusammen und diskutiert die Frage, wer wohl dieses Desaster verschuldet haben möge. Und woher stammen die Stimmen, die Jean-François Rime im vierten Wahlgang erhielt?«Wir haben bis zum Schluss eine klare Linie gezogen», meint etwas später in der Wandelhalle der Sarganserländer Nationalrat Elmar Bigger. Und: «Lieber zwei Bären als fünf Frauen.» «Schade für die Ostschweiz, schade für Karin Keller-Sutter, die mit ihrer Kandidatur eine hervorragende Visitenkarte für St. Gallen abgegeben hat», fügt Nationalrat Köbi Büchler aus dem st.-gallischen Schänis an. «Die Vertretung im Bundesrat ist mehr wert, als man glaubt.»Anders reagiert die St. Galler Ständerätin Erika Forster: «Karin Keller-Sutter hat als Aussenseiterin ein super Resultat erreicht, auf das sie und wir stolz sein dürfen.» Das sei schade, aber in ihrem Alter stünden ihr noch Türen offen. Ob eine solche Türe auch der Ständerat sein könnte, will Forster nicht unterschreiben: «Ich habe noch nicht gesagt, dass ich zurücktrete, aber sollte ich mich dazu entscheiden, wäre mein Amt für Karin Keller-Sutter sicher eine Option.»

«So ist das Leben»

Karin Keller-Sutters Familie indes ist dem Motto, den Wahlkampf sportlich zu sehen, treu geblieben: «Klar sind wir enttäuscht, dass sie das Finale verpasst hat», meint Walter Sutter. Und Ehemann Morten Keller ist sich sicher: Auch wenn es seine Frau nicht in den Bundesrat geschafft habe, stünden ihr mit ihrem Leistungsausweis bestimmt noch andere Türen offen. «So ist das Leben. Da müssen wir offen sein», fügt er hinzu.Diese Aussage kann Karin Keller-Sutter unterschreiben: «Was nicht fällig ist, fällt einem nicht zu. In diesem Sinn gibt es für mich keinen Grund, traurig zu sein», sagt sie (siehe Interview auf Seite 19).

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Zeitung MEHR